Viele Schwangere wünschen sich eine möglichst sanfte, selbstbestimmte Geburt – und machen sich Gedanken über mögliche Geburtsverletzungen. Risse, Schnitte und Dehnungen im Intimbereich sind zwar häufig, aber kein unausweichliches Schicksal. Es gibt einiges, was du schon vor der Geburt tun kannst, um deine Haut und dein Gewebe optimal vorzubereiten.
In diesem Artikel erfährst du, was genau bei einer Geburt im Damm- und Vaginalbereich passieren kann, welche Risikofaktoren es gibt – und wie du dein Gewebe durch gezielte Vorbereitung stärken kannst.
Was sind Geburtsverletzungen?
Geburtsverletzungen entstehen, wenn die Haut oder das darunterliegende Gewebe im Intimbereich unter der Geburt reißt oder medizinisch eingeschnitten wird (Episiotomie). Am häufigsten betroffen sind:
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die Vaginalschleimhaut 
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der Damm (der Bereich zwischen Scheide und After) 
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die Schamlippen 
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in seltenen Fällen auch die Harnröhre oder der Scheideneingang 
Die meisten Risse heilen bei guter Versorgung unkompliziert, können aber Schmerzen beim Sitzen, Wasserlassen oder Sex verursachen – manchmal über Wochen hinweg.
Wie häufig sind Geburtsverletzungen?
Etwa 60–70 % aller Erstgebärenden erleiden eine Form von Geburtsverletzung. Dabei reicht das Spektrum von kleinen oberflächlichen Einrissen bis hin zu größeren, tiefergehenden Rissen oder einem Dammschnitt.
Aber: Nicht jede Geburt führt automatisch zu Verletzungen – und durch gezielte Vorbereitung kannst du das Risiko deutlich senken.
Welche Faktoren erhöhen das Risiko?
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Erstgeburt (da das Gewebe noch weniger gedehnt wurde) 
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schnelle, sehr kraftvolle Austreibungsphase 
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Rückenlage unter der Geburt 
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sehr große Babys oder Mehrlingsgeburten 
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Einsatz von Saugglocke oder Zange 
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künstlich eingeleitete Wehen oder PDA 
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ein enger Beckenboden ohne Dehnfähigkeit 
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trockene, schlecht durchblutete Haut im Intimbereich 
Was kannst du selbst tun, um Verletzungen vorzubeugen?
Die gute Nachricht: Du kannst einiges tun, um deinen Körper auf die Geburt vorzubereiten – ganz ohne Druck, aber mit Achtsamkeit und Geduld.
1. Dammmassage
Die wohl bekannteste Methode zur Geburtsvorbereitung. Ab der 34. Schwangerschaftswoche kannst du regelmäßig deinen Damm massieren – am besten 3–4 Mal pro Woche.
Vorteile der Dammmassage:
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erhöht die Durchblutung 
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macht das Gewebe elastischer 
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reduziert die Spannung 
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fördert ein besseres Körpergefühl 
So geht’s:
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Hände waschen, Öl erwärmen (z. B. Weizenkeimöl, Mandelöl) 
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im Sitzen oder Stehen: Daumen in die Scheide einführen, leichten Druck Richtung After aufbauen 
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anschließend U-förmig nach außen massieren 
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etwa 5–10 Minuten sanft dehnen und entspannen 
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auf dein Gefühl achten – es darf spannen, aber nicht schmerzen 
Tipp: Sprich vorher mit deiner Hebamme – sie kann dir genau zeigen, wie die Technik funktioniert und ob sie für dich sinnvoll ist.
2. Beckenboden-Entspannung
Viele Frauen kennen den Beckenboden nur als „Muskulatur, die man trainieren muss“ – aber für die Geburt ist das Gegenteil gefragt: Loslassen!
Ein verspannter Beckenboden kann die Austreibungsphase erschweren und Verletzungen begünstigen.
Hilfreich sind:
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spezielle Schwangerschafts-Yogaübungen 
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gezielte Atemtechniken (z. B. tief in den Bauch atmen und mit dem Ausatmen loslassen) 
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bewusste Entspannung in Rücken-, Vierfüßler- oder Hockposition 
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warme Bäder oder Wärmflaschen im Dammbereich 
Tipp: Ein Geburtsvorbereitungskurs mit Fokus auf Atmung, Beckenboden und Körpergefühl kann dir Sicherheit und Entspannung geben.
3. Die richtige Geburtsposition
Die Rückenlage (klassisch im Krankenhaus) erhöht das Risiko für Dammverletzungen. Warum? Weil das Gewicht des Babys komplett auf den Beckenboden drückt – ohne Unterstützung durch die Schwerkraft.
Schonendere Positionen sind:
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Vierfüßlerstand 
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Hocke oder halbe Hocke 
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Seitenlage 
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aufrecht stehend oder sitzend 
Sie ermöglichen dem Baby, sich besser ins Becken zu drehen, und entlasten den Damm. Auch das intuitive Mitgehen mit den Wehen wird dadurch leichter.
Tipp: Besprich deine Wunschpositionen vorher mit der Klinik oder Hebamme – nicht überall sind alle Positionen selbstverständlich erlaubt.
4. Langsame Austreibung – kein Pressen auf Kommando
Viele Verletzungen passieren in der letzten Geburtsphase – wenn der Kopf geboren wird. Wichtig ist hier: nicht pressen „wie im Film“, sondern kontrolliert und mit Gefühl.
Was hilft:
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nicht gegen den Schmerz arbeiten, sondern mit ihm 
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auf den Pressdrang hören, nicht auf äußere Anweisungen 
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Atemtechniken anwenden statt mit voller Kraft zu drücken 
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Pausen zulassen, damit das Gewebe sich dehnen kann 
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Hebamme bitten, den Damm ggf. mit warmen Kompressen zu unterstützen 
5. Ernährung & Pflege
Ein gut versorgtes Bindegewebe ist elastischer und widerstandsfähiger. Achte in den letzten Wochen auf:
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gesunde Fette (z. B. Leinöl, Avocado, Nüsse) 
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ausreichend Flüssigkeit 
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Vitamin C und Zink für die Hautregeneration 
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pflegende Öle für die äußere Intimhaut – am besten parfumfrei und reizfrei 
Wann kannst du nicht vorbeugen?
Trotz aller Vorbereitung kann es zu einem spontanen Dammriss kommen – besonders bei sehr schneller Geburt oder medizinischen Eingriffen. Das ist kein Versagen. Jede Geburt ist einzigartig – und manchmal ist das Gewebe einfach nicht vorhersehbar.
Wichtig ist, dass du dich gut begleitet fühlst – und dass eventuelle Verletzungen gut versorgt und nachbesprochen werden.
Fazit: Vorbereitung macht den Unterschied – aber kein Versprechen
Du kannst viel tun, um deinen Körper auf die Geburt vorzubereiten – mit Dammmassage, Entspannung und einer bewussten Haltung. Eine Garantie für eine verletzungsfreie Geburt gibt es nicht. Aber du kannst dir selbst das Gefühl geben, aktiv und achtsam mit deinem Körper umzugehen.
Und das ist vielleicht das Wichtigste: nicht nur für deinen Damm, sondern für dein gesamtes Geburtserlebnis.
 
  